Urteil des Revisionsgerichtes

Liebe Unterstützer*innen,

wieder einmal ist es lange her, dass wir, Caro & Franzi, unsere Neuigkeiten mit euch teilen konnten. Nun haben wir eine negative Antwort auf unsere Revision vom Bayrischen Obersten Landesgericht erhalten. Für uns bleibt weiterhin die Absurdität bestehen, dass in Zeiten der Klimakrise der Schutz unserer Lebensgrundlage hintenangestellt wird. Neue Fragen fordern andere Antworten. Der Weg vors Verfassungsgericht steht uns offen.

Nach dem Amtsgerichtsurteil vom 30. Januar 2019 sind wir in Revision gegangen. Wir wollten das Bayrische Oberste Landesgericht von unserer Auffassung überzeugen, dass mit dem Wegwerfen von Lebensmitteln in die Mülltonne das Eigentum an ihnen aufgegeben wird. Mit der Revision haben wir uns den Freispruch erhofft. Doch auch das Revisionsgericht sah von einer Eigentumsaufgabe ab. Auf dem Papier sind wir nun Straftäterinnen – genauer gesprochen Diebinnen gem. § 242 StGB. Mit dem Beschluss des Bayrischen Obersten Landgerichtes wird das bestehende Urteil des Amtsgerichtes nun rechtskräftig. Mit einem Strafmaß von 15 Tagessätzen zu je 15€ auf Bewährung wurde eine Verwarnung ausgesprochen. Darüber hinaus sind 8 Sozialstunden bei der Tafel zu leisten. Die Richter*innen haben ein halbes Jahr zur Urteilsfindung beraten. So möchten wir nicht anzweifeln, dass das Gericht wohl überlegt sein Urteil gesprochen hat. Doch fragen wir uns, nach welchem Gewissen und im Sinne welcher Grundannahmen diese Entscheidung gefallen ist. Der Schutz von Eigentum ist in einigen Fällen als sehr sinnvoll zu betrachten. Jedoch sehen wir weiterhin die Absurdität darin, dass es sich bei dem Diebesgut für den Supermarkt um wertlosen, zu entsorgenden Müll handelt. Zudem verbirgt sich hinter dieser Tatsache ein trauriges Bild: die sinnlose Vernichtung von Nahrungsmitteln. Wir hatten gehofft, dass die Revision ihren Beitrag leisten kann, dass eine Entkriminalisierung unseres Falles Teil einer moralischen Positionierung sein kann. Doch der Schutz unserer Lebensgrundlagen wird weiterhin als zweitrangig betrachtet.

Können wir uns eine solche Haltung wirklich noch leisten? Nein, dies ist definitiv nicht mehr vertretbar. Der Beschluss ist eine große Ernüchterung für uns. Im Rahmen der großen Klimademo vor drei Wochen standen wir gemeinsam auf der Straße und haben in ganz Deutschland „Klimagerechtigkeit – jetzt“ gefordert. Kann dieses Urteil eine adäquate Antwort darauf sein? Es ist nicht nur, dass wir es persönlich schade finden, wenn wir eine Banane unangetastet im Müll sehen, sondern wir können nicht hinnehmen, dass tausende dieser Bananen täglich vernichtet werden. Denn sie verweisen auf eine enorme Ressourcenverschwendung, hier vor unseren Augen. Wenn wir in den aktuellen Klimadebatten über CO²-Einsparungen diskutieren, so müssen wir beachten, dass die Herstellung und der Transport von Lebensmitteln für einen beachtlichen Anteil an den ausgestoßenen Treibhausgasen verantwortlich sind. Hiervon soll ein Drittel alleine für den Müll sein? So sehen wir, dass die Straftat, die wir begangen haben, auf ein Verbrechen aufmerksam macht – ein Verbrechen an der Menschheit – nichts Geringeres als der Diebstahl der Lebensgrundlage zukünftiger Generationen wird gerade begangen.

Wir möchten sehen, dass Worten Taten folgen. Noch im Juni haben sich die Justizminister*innen der Länder gegen eine gesetzliche Entkriminalisierung des Containerns ausgesprochen. Damit wurden 130.000 Unterschriften unserer Petition unbeachtet gelassen, mit der Begründung: Containern wäre nicht Lösung des Problems der Lebensmittelverschwendung und andere Wege müssten gefunden werden. Geschehen ist seitdem allerdings rein gar nichts, ganz im Gegenteil: letzten Freitag den 11. Oktober wurde eine weitere Chance vertan, sich dem Problem der Lebensmittelverschwendung mit konkreten politischen Entscheidungen zu stellen. Supermärkte sollen auch weiterhin nicht dazu verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen zu spenden. Bei der Bundesratssitzung am vergangenen Freitag wurde die Initiative eines Wegwerfstopps von Lebensmittel für Supermärkte erneut verworfen. So dürfen wir gespannt sein welche Wege beschritten werden um das Ziel – die Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu erreichen. Gute Worte sind noch keine guten Taten.

Am Ende des Weges steht nun zunächst ein juristischer Schuldspruch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Wie geht es nun weiter? Die Entscheidung der letzten Instanz wiegt schwer. Trotzdem möchten wir uns mit dieser endgültigen Antwort nicht zufriedengeben, denn wir sind weiterhin der Meinung, dass wir niemandem geschadet haben. So möchten wir uns auch in Zukunft mit den Lebensmittelretter*innen solidarisieren. Zusammen mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und unseren Rechtsanwält*innen Susi Keller, und Max Malkus prüfen wir nun verfassungsrechtliche Argumente für eine Verfassungsklage. Der Weg bis zum Bundesverfassungsgericht ist jetzt die letzte Möglichkeit durch die Gerichte eine Entscheidung herbeizuführen.

Solidarische Grüße,

Caro & Franzi

JuMiKo – Übergabe von Unterschriften

Liebe Unterstützer*innen,

gerade Planen wir eine Übergabe der bisherigen Unterschriften der Petition. Anlass hierzu bietet uns die bevorstehende Justizministerkonferenz, bei der folgende Frage auf der Tagesordnung steht: Wird Containern in Zukunft straffrei sein? Unterstützung können wir noch gut gebrauchen.

Gemeinsam haben wir uns Gehör verschafft. Die wichtigen klimapolitischen Forderungen finden ihren Weg in öffentliche Debatten und die Politik. So ist es sehr vielen zu verdanken, dass auch beim Thema Lebensmittelverschwendung Politiker*innen sich nicht mehr taub stellen können. Diese Woche am 5. und 6. Juni tagen die Justizminister*innen in Lübeck/Travemünde. Durch den Beschluss einer Entkriminalisierung des Containerns würde ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung auf den Weg gebracht werden. Mit der Übergabe der Petition bei diesem konkreten und entscheidenden Anlass wollen wir deutlich machen, wie wir alle dazu stehen. Wir fordern, dass Lebensmittel auf dem Teller landen, statt in der Tonne!

Mittlerweile sind wir über 127.000 Menschen. Wir hoffen, dass wir bis zur Übergabe am Mittwoch noch mehr werden können, deswegen nochmal ein letzter Aufruf an euch: teilt die Petition, gebt sie weiter, an alle die noch nicht unterschrieben haben!

Leider können wir euch zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genaueren Informationen zu Uhrzeit und Form der Übergabe liefern. Wir streben an, die Petition dem Justizminister Georg Eisenreich zu übergeben. Mit einem Politiker aus den Reihen der CSU und der bayrischen Justizbehörde ist wohl die härteste Nuss zu knacken. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden: auch in unserem Fall ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Derzeit befinden wir uns in Revision vor dem Oberlandesgericht München. In anderen Bundesländern konnte bereits ein Freispruch aus dem Gerichtssaal getragen werden!

https://weact.campact.de/petitions/containern-ist-kein-verbrechen-1?source=homepage

Ihr seid herzlich eingeladen, auch vor Ort eure Meinung kund zu tun. Wenn ihr es nicht sehr weit nach Lübeck habt, würden wir uns sehr über Unterstützung freuen. Habt ihr Ideen und Kapazitäten für Aktionen, könnt ihr euch gerne mit uns in Verbindung setzen.

Genauere Infos zu Zeit und Form der Abgabe stellen wir in Kürze auf unseren Blog:

http://olchiscontainern1.blogsport.de/

oder auf Facebook:

http://www.facebook.com/Olchis-Containern-2011498915608771/

Wir danken euch für die wunderbare und solidarische Unterstützung aus allen Richtungen,

Caro & Franzi

Revision & Neuigkeiten

Liebe Unterstützer*innen,

nachdem wir, Caro & Franzi, uns eine längere Auszeit gegönnt haben, melden wir uns bei euch mit den neusten Ereignissen. Zum einen ist unser Fall noch längst nicht abgeschlossen, denn wie es sich vielleicht schon rumgesprochen hat, sind wir in Revision gegangen. Das heißt: Wir sind mit dem Urteil nicht einverstanden und wollen dieses noch einmal von einer höheren Instanz überprüfen lassen. Zum anderen löst sich das Problem der Lebensmittelverschwendung nicht über Nacht. Der Weg dorthin ist lang, doch die ersten Steine kommen ins Rollen. So dürfen wir euch mit großer Freude von den neuesten Entwicklungen berichten: die Gerichtsverhandlung in Hannover, die Neugründung des Solidaritätsbündnisses, sowie die bevorstehenden Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten Renate Künast und Niema Movassat.

Revision

Nachdem wir das schriftliche Urteil erhalten haben, entschieden wir uns nach reichlichen Überlegungen dazu, unseren Antrag auf Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen und in Revision zu gehen. Die Revisionsbegründung wurde Anfang April von unseren Anwält*innen eingereicht. Nun liegt es beim Oberlandesgericht München, das Urteil auf Rechtsfehler hin zu untersuchen. Die juristische Einschätzung und Begründung unseres Anwaltes Max Malkus lautet:

Mit der eingelegten Revision gegen die Verurteilung im Container- Fall von Caro und Franzi möchten wir das Oberlandesgericht München davon überzeugen, dass auch nach geltendem Recht weggeworfene Lebensmittel keine diebstahlsfähigen Güter im Sinne des Strafgesetzbuches sind. Soweit versuchen wir die herrschende juristische Meinung auf unsere Seite zu ziehen und argumentieren in der Sache mit der Dereliktion, § 959 BGB, also der Aufgabe des Eigentums durch den Eigentümer an den in Rede stehenden Lebensmitteln. Wer Lebensmittel in eine Mülltonne wirft, gibt nach unserer Ansicht sein Eigentum daran auf – und hat, anders als bei Bildern bekannter Künstler („Gerhard Richter Skizzen“)*, auch kein juristisch schützenswertes Interesse daran, dass Dritte von der Aneignung abhalten könnte. Einmal hergestellte Lebensmittel sind für den Verzehr durch den Menschen gemacht, und es ist unlauter genießbare Lebensmittel zu vernichten, wenn Dritte davon noch satt werden können. Mit den Wertungen des Grundgesetzes, dass ausdrücklich in Art. 20 a GG die natürliche Lebensgrundlage des Menschen schützt, und vor dem Hintergrund des europäischen Ziels, die Lebensmittelverschwendung in Deutschland in den nächsten Jahren zu halbieren, ist die Strafverfolgung noch unverständlicher. Darüber hinaus sieht der überwiegende Teil der Bevölkerung im Containern kein kriminelles Handeln.

Die Reaktionen auf die Verhandlung haben gezeigt, dass hier ein akuter, gesamtgesellschaftlicher Handlungsbedarf besteht. Die richterliche Verortung der Lebensmittelrettung als Straftat passt nicht ins Bild. Deswegen verfolgen wir weiterhin den Freispruch in der nächsten Instanz und bemühen uns um eine Auseinandersetzung mit Politik und Gesellschaft, damit den Worten auch Handlungen folgen.

Freispruch im Container-Fall von Tobias & Björn

Die jüngsten Ereignisse lassen auf das Beste hoffen. Am 26. März wurden Tobias & Björn aus Hannover vor dem Amtsgericht freigesprochen. Die beiden Brüder wurden ebenfalls des Diebstahls wegen Containerns beschuldigt. Hierbei wurde die Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft mit einem Strafantrag der Leitung des betroffenen EDEKA-Supermarktes untermauert. Doch während der Gerichtsverhandlung wendete sich das Blatt und der Strafantrag wurde von der Marktleitung zurückgenommen. Im Zuge dessen sah die Staatsanwaltschaft, anders als in unserem Fall, von der weiteren Verfolgung ab und verneinte das öffentliche Interesse an einer Verurteilung. Ihr Freispruch ist als ein erster Erfolg auf gerichtlicher Ebene zu sehen. Die Richterin verwies in ihrem Urteil auf die lobenswerten Motive der Lebensmittelrettung und stellte sie in den Kontext globaler Klimabewegungen. Wir freuen uns riesig mit den beiden über den positiven Ausgang. Doch darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass ein Freispruch das Ergebnis einer erneuten Kriminalisierung von Lebensmittelrettung ist!

Solidaritätsbündnis

In den letzten Wochen hat sich aus unserem Unterstützerkreis heraus ein Solidaritätsbündnis gegründet, welches sich gegen die Kriminalisierung von Containern und für einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Lebensmitteln stark macht. Dabei betrachten sie die Gründe der Lebensmittelverschwendung als tiefgreifender und sehen ein System dahinter. Wie diesem Anliegen durch Aktionen und Veranstaltungen mehr Nachdruck verliehen werden kann, wird bei regelmäßigen Treffen geplant. Am vergangenen Freitag fand die erste Veranstaltung statt. Chris Walter, Container-Aktivist und Sozialist aus Aachen, stellte sein Buch „Volle Bäuche, statt volle Tonnen“ vor. Auch wir waren dabei und haben die neuesten Entwicklungen vorgetragen. In Zukunft wird dieses Bündnis dafür sorgen, dass es um die Lebensmittelverschwendung nicht leise wird. Dabei seid ihr herzlich eingeladen euch zu beteiligen und eure Ideen mit einzubringen. Die nächste Gelegenheit bietet sich am 9. Mai. Um 19.00 Uhr treffen wir uns im Biergarten des EineWeltHauses.

Was passiert in der Politik?

Auch in der Politik sorgte das Thema Lebensmittelverschwendung in den letzten Monaten für viel Aufruhr. Im Namen der Bundesregierung stellte Julia Klöckner die „Nationale Strategie gegen Lebensmittelverschwendung“ vor. Hierzu äußerten sich viele Politiker*innen, unter anderem Renate Künast, kritisch gegenüber dem vorgeschlagenen Kurs und sahen viele Fragen unbeantwortet. Auch wir sehen nicht, dass das Ziel, die Lebensmitteverschwendung bis 2030 zu halbieren, durch die vorgesehenen Maßnahmen erreicht werden kann. Denn diese sind sehr vage formuliert und basieren fast ausschließlich auf Freiwilligkeit von Verbraucher*innen und Unternehmen. Zudem wird die Dringlichkeit des Erreichens der klimapolitischen Ziele außer Acht gelassen. Die Reduzierung unseres Lebensmittelmülls kann hierbei eine der effektivsten Maßnahmen darstellen. Aus diesem Grund plädieren wir umso stärker für eine Gesetzesänderung, die wir bereits in unserer Petition fordern. Sie zählt mittlerweile über 120.000 Unterschriften. Um eine bundesweite Gesetzgebung weiter in die Wege zu leiten, wollen wir den Dialog gezielt auf Bundesebene fördern. In diesem Sinne ist am Montag, den 29. April ein Treffen mit Renate Künast geplant. Am darauffolgenden Dienstag, den 30. werden wir außerdem Niema Movassat treffen, der durch einen Antrag der Fraktion der Linken die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher das „Containern“ von der Strafverfolgung ausnimmt. Wir sind sehr interessiert an ihren Erfahrungen und Einschätzungen zum aktuellen politischen Diskurs und an welchen Stellen sie Möglichkeiten für konkrete Maßnahmen sehen. Darüber hinaus hoffen wir, mit ihnen gemeinsam eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen zu können. Außerdem sehen wir immer stärker die Bereitschaft auch in Landtagen, sich dem Thema anzunehmen. So stehen wir bisher in Kontakt mit der SPD in Bayern und mit den Grünen in Niedersachsen, welche einen Antrag in den niedersächsischen Landtag einbrachten, mit dem Ziel, das Containern und das „Bändern“, zu entkriminalisieren. Gemeinsam haben sie die Möglichkeit, andere Bundesländer zu inspirieren und zudem mit größerem Druck auf den Bundestag einzuwirken.

Die Debatten zum Thema „Lebensmittelverschwendung“ häufen sich. Von unterschiedlichen Seiten haben wir Feedback bekommen, dass diese durch unseren Fall erneut entfacht wurden. Kriminalisierungsversuche sind nichts Neues. Auch das Problem der Lebensmittelverschwendung besteht seit einiger Zeit. Ein Stein kann erst ins Rollen gebracht werden, wenn er zuvor freigeschaufelt wurde. Mit anderen Worten: Viele Menschen haben vor uns bereits Zeit und Mühe investiert, um das Thema an die Öffentlichkeit zu tragen. Auch unser Zeitgeist, der durch die Präsenz der globalen Umweltbewegung geprägt ist, lenkt unseren gesellschaftlichen Fokus zunehmend in Richtung Nachhaltigkeit und bereitet den Nährboden für die nötige Sensibilität. Wir möchten durch unseren Fall einen Teil zu dieser Entwicklung beitragen. Denn wir sind der Meinung, dass Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung gleichzeitig auch wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel darstellen. Diese wollen wir mit Nachdruck verfolgen und dabei vielen Gehör verschaffen.

Wir freuen uns über Anregungen und stehen gerne für Fragen und Interviews bereit.

Solidarische Grüße,

Caro & Franzi

*https://www.mdr.de/nachrichten/panorama/richter-skizzen-altpapier-geldstrafe-100.html

Morgen wird Julia Klöckner eine neue Strategie zur Eindämmung des Lebensmittelmülls vorstellen

Morgen wird Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, in der Kabinettssitzung ihre neue Strategie vorstellen, wie die Bundesregierung ihr Ziel erreichen möchte, die Lebensmittelverschwendung in Deutschland bis 2030 zu halbieren. Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesregierung nun Initiative zeigt. Das Thema Lebensmittelverschwendung ist wieder in die aktuellen politischen Debatten eingezogen. So bezieht auch Angela Merkel Stellung und geht auf die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ der Bundesregierung ein. Diese Kampagne wendet sich an Verbraucher*innen und weist auf ihre Verantwortung beim Thema Lebensmittelverschwendung hin. Laut WWF Studie, werden etwa 40% des Lebensmittelmülls in Deutschland in den Privathaushalten verursacht. Auch wir sind der Meinung, dass sich hier etwas ändern muss, denn wir alle tragen Verantwortung und sollten unsere Welt bestmöglich mitgestalten. So sollte an dieser Stelle aber auch gehört werden, dass damit nicht genug getan ist. Zum einen reicht es nicht aus, auf Freiwilligkeit von Konsument*innen zu setzen, zum anderen reicht es nicht aus, nur ein Glied des Lebensmittelsystems in die Pflicht zu nehmen. In diesem Sinne fordern wir Julia Klöckner auf, in ihrer Strategie auch Lebensmittelproduktion und Handel in die Pflicht zu nehmen und bei einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu unterstützen. Wir erleben, wie in den letzten Jahren der Diskurs um Nachhaltigkeit und Klimawandel vor allem auf der Verbraucherebene geführt wird und sehen, wie wenig Erfolg diese Strategie hat. Mit dieser Meinung stehen wir nicht alleine. Durch unseren Fall, sind erneut viele Stimmen laut geworden, die mit uns grundlegende und strukturelle Veränderungen fordern. Klimawandel und Umweltkatastrophen dulden keinen Aufschub! Deshalb appellieren wir an die Politiker*innen, vom verlauteten Tatendrang in Handlungen und Maßnahmen zur Umstrukturierung überzugehen. In Anlehnung an unsere Petition „Containern ist kein Verbrechen – wir brauchen eine Gesetzesänderung“ plädieren wir für eine Gesetzesänderung, die Supermärkte dazu verpflichtet, noch genießbare Lebensmittel weiter zu verteilen, wie es bereits in einigen europäischen Ländern praktiziert wird. Dies wäre der nächste sinnvolle und notwendige Schritt, dem weitere Maßnahmen folgen müssen!

Pressemitteilung – Rechtsmittel

Liebe Unterstützer*innen,

nun ist genau eine Woche vergangen seit unserer Verhandlung bezüglich des Container-Falls vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck am 30. Januar. Nach unserer Verurteilung stand eine Frage im Raum: Wird es eine nächste Instanz geben? Mit dieser Mitteilung wollen wir, Franzi & Caro, uns um eine Antwort bemühen.

Wir haben uns dazu entschieden, Rechtsmittel einzulegen. In welcher Form wir diese letztendlich ergreifen, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Dazu muss weiterhin die schriftliche Urteilsbegründung des Richters abgewartet werden, um die Situation juristisch einschätzen zu können.
Bevor wir unsere Beweggründe darlegen, möchten wir zunächst einmal die letzte Woche Revue passieren lassen, denn die gestrige Entscheidung kann nicht getrennt von den Ereignissen der letzten Zeit gesehen werden.

Nach drei langen Stunden endete die Hauptverhandlung mit einem milden Urteil: Wir bekamen eine Verwarnung wegen einfachen Diebstahls an wertlosen Lebensmitteln, aber keine Strafe. Der Richter bestätigte uns während der Gerichtsverhandlung mehrmals ehrenwerte Motive. Die Staatsanwaltschaft München II hielt bis zuletzt an der Verurteilung wegen besonders schweren Falls des Diebstahls fest. Zuletzt sah der Richter den Tatbestand des einfachen Diebstahls als erfüllt und sprach uns schuldig. Die ausgesprochene Verwarnung beinhaltet eine Auflage von jeweils 8 Sozialstunden bei der Tafel. Außerdem stehen 15 Tagessätze a 15€, also 225€ unter Vorbehalt. Wenn wir uns in den nächsten zwei Jahren nichts zu Schulden kommen lassen, dann müssen wir diese 225€ jeweils nicht zahlen.

Natürlich sind wir traurig und enttäuscht. Viele Menschen haben sich für einen Freispruch eingesetzt. Doch diesen konnten wir letzten Mittwoch leider nicht aus dem Gerichtssaal tragen, jedoch aber die Meinung eines Richters, der unser Handeln als nicht verurteilenswert einschätzt und sogar unsere moralischen Beweggründe nachvollziehbar empfindet. So wurde sogar im Gerichtssaal an die Menschen appelliert, sich beim Thema Lebensmittelverschwendung an die eigene Nase zu fassen. Dem entgegen hielt die Staatsanwaltschaft während der Verhandlung an dem öffentlichen Interesse und an einer Strafverfolgung in unserem Fall fest und forderte unsere Bestrafung. Dies zweifeln wir weiterhin an. Auch nach der Gerichtsverhandlung und der ausführlichen Berichterstattung in etwaigen Medien können wir nur weiterhin sagen: Wir erfahren nur Gegenteiliges – vielmehr noch: die Menschen empören sich und fordern, dass sich etwas ändert.

Die mediale Aufmerksamkeit der letzten Woche hat uns überwältigt. Was dann jedoch geschah, hätten wir nicht für möglich gehalten: sogar im kleinen Heimatstädtchen Vechta machte unser Fall die Runde. Noch überraschender war es, als die Berichterstattung auch Menschen in anderen Ländern erreichte und es positive Rückmeldungen beispielsweise aus der Türkei gab. Auch einige Politiker*innen empören sich, dass wir verurteilt worden sind und zeigen Initiative für Maßnahmen und Änderungen. So gibt unser Fall auf vielen Ebenen Anlass zur Diskussion und das Thema Lebensmittelverschwendung findet Einzug in die aktuellen Debatten in/von Politik und Gesellschaft.

Der Handlungsbedarf scheint allgegenwärtig. Doch sind wir ehrlich, so besteht die Möglichkeit, dass eine Welle der Aufmerksamkeit, welche die Lebensmittelverschwendung erneut ins Blickfeld der Gesellschaft gerückt hat, genauso schnell wieder abflachen kann, wie sie sich aufgebäumt hatte. Wir sind nicht die ersten, die Zeit und Energie darauf verwendet haben, auf dieses Thema hinzuweisen. Unser Ziel ist die nachhaltige Veränderung und eine bewusstere Haltung zu den lebensnotwendigen Mitteln.
Dabei sehen wir uns als Teil einer globalen Bewegung, die globale Klimagerechtigkeit für unsere nahe Zukunft einfordert. In Zeiten der Klimaerwärmung und wachsender Ressourcenknappheit sind wir gezwungen, Überproduktion und Ressourcenverschwendung einzudämmen, damit wir in den nächsten Jahrzehnten noch auf diesem Planeten leben können. Zudem erleben wir die unnötige Verschwendung von Lebensmitteln als eine Unmenschlichkeit, wenn es gleichzeitig Millionen von hungernden Menschen gibt. Zwar kann ein Fall vor Gericht weder direkt die Klimaerwärmung stoppen, noch hungrige Mägen füllen, doch kann er Anlass zum Handeln bieten. Denn unser persönlicher Fall ist zu einer politischen Frage geworden – auf die wir mehr als eine Antwort fordern!

Bereits seit vielen Jahren ist das Problem der Lebensmittelverschwendung bekannt. Aus ethischen, gesellschaftlichen, sowie aus wirtschaftlichen Gründen hat sich die Politik vorgenommen, dieser Ressourcenverschwendung Einhalt zu gebieten. Die EU verfolgt das Ziel, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung zu halbieren. So startete auch Deutschland die Kampagne „Zu gut für die Tonne“. Eine Erweiterung der Kampagne wird für nötig gehalten. In diesem Sinne hat dieses Thema auch Einzug im derzeitigen Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD gefunden. Angedacht ist eine Erweiterung der Kampagne. Wir wollen uns nicht damit zufrieden geben, dass der Diskurs um Nachhaltigkeit und Klimawandel vor allem auf der Verbraucherebene geführt wird, denn wir haben gesehen, wie wenige Erfolge diese Strategie hat. Denn wenn Verbraucher*innen nur die Wahl zwischen einer Biogurke in Plastikverpackung und ihrer konventionellen Variante ohne Plastik hat, wird deutlich, dass der Einkaufsmacht Grenzen gesetzt werden. So muss man ganz klar sehen, dass auf einer anderen Ebene bereits nachhaltige Entscheidungen getroffen werden müssen.
Deshalb appellieren wir an die Politik, dass der verlautete Tatendrang in sofortige und grundlegende strukturelle Veränderungen übergeht. Wir können uns keinen weiteren Aufschub erlauben!

Wir alle haben ein gemeinsames Ziel, so hoffen wir weiterhin auf eine konstruktive Zusammenarbeit.

Mit solidarischen Grüßen,
Franzi & Caro